Da wir ja im Sommer so früh und überhastet aus Norddeutschland abreisten, versprach mir Verena, den geplanten Rügenaufenthalt nachzuholen. Die Gelegenheit ergab sich jetzt eine Woche nach dem Tag der deutschen Einheit. Durch das Verschieben konnten wir entspannter reisen und konnten uns auch mehr Zeit für die Insel nehmen.
Tag 1: Anreise – der Gespensterwald
Wir fuhren Donnerstag Morgens recht zeitig los, um stressfrei Rügen zu erreichen. Auf der Anreise besuchten wir den Gespensterwald bei Nienhagen im Landkreis Rostock. Ich wollte den Wald schon immer mal besuchen, denn ich hatte schon viel davon gehört.
Tatsächlich ist der Wald sehr speziell. Es wächst in einigen Bereichen so gut wie kein Unterholz und es fehlen den dortigen Buchen die Äste unterhalb der Kronen. Der Wald wirkt wie eine große Halle – sehr ungewöhnlich und tatsächlich irgendwie unheimlich. Das graue Wetter tat sein übriges zu der Stimmung, Nebel wäre aber sicher noch besser gewesen.
Als wir weiterfuhren erhielten wir einen Anruf vom Hotel, dass wir leider nicht mehr in das gebuchte billige Zimmer könnten, weil die Rezeption geschlossen hätte, sondern dass wir ein teureres Zimmer beziehen müssten. Ich glaube sowas gibt es auch nur im Osten. Nach Riga eine erneute Enttäuschung.
Um 19:45 waren wir dann in unserem teuren Zimmer und gingen tatsächlich nur noch kurz durch Lohme spazieren und legten uns dann hin.
Tag 2: Nationalpark Jasmund
Am zweiten Tag, nachdem wir uns günstig mit Proviant eingedeckt hatten, wanderten wir los in Richtung Kreideklippen. Der Weg führte durch einen wundervollen Buchenwald, der immer wieder einen Blick aufs Meer weit unten bot. Das Laub war schon teilweise golden gefärbt und das Wetter sehr herbstlich. Leider war das Wetter auch hier sehr trüb. Dennoch genossen wir die Wanderung sehr. Schließlich kamen wir zum Aussichtspunkt, der Viktoriasicht. Wirklich grandios.
Die Empfehlung der Dame vom Hotel, am Strand zurückzuwandern konnten wir nicht nachkommen, da das Wasser vom starken Wind bis an die Klippen gedrückt wurde und so hielt ich mich nicht lange am Strand auf, sondern wir besuchten das Nationalparkzentrum am Königsstuhl. Auch dort hat man eine hervorragende Aussicht mit lustigen Kolkraben. So konnte man sich bestens unterhalten, den Wind um die Nase streichen lassen.Die Ausstellung im Besucherzentrum half uns dann, uns wieder ein bisschen aufzuwärmen.
Auf dem Rückweg wanderten wir an einem Steingrab vorbei. Nicht so beeindruckend wie die riesigen Dolmen in Irland, aber geheimnisvoll im Wald. Beim letzten Licht des Tages kamen wir dann wieder am Hotel an.
Tag 3: Prora und Günzer See
Am nächsten Tag fuhren wir nach Prora. Verena wollte den Baumwipfelpfad dort besuchen und ich wollte die riesigen Ferienanlagen der Nazis sehen. Beides war wegen des Wetters und der Jahreszeit eher trist. Dennoch war das recht beeindruckend. Die Ausmaße der Gebäude sind einfach irrsinnig.
Da es noch etwas bis zum Sonnenuntergang war, beschlossen wir zum Günzer See zu fahren, um Kraniche zu beobachten. Das trübe Wetter tat dem Spektakel keinen Abbruch und so stand ich stundenlang in der Kälte und fotografierte und beobachtete. Der Günzer See ist sicher eine der besten Orte, um Kraniche zu beobachten. Der nächste Tag sollte das aber in den Schatten stellen.
Tag 4: Heimfahrt über Linum, Brandenburg
Wir waren um 7Uhr zum Sonnenaufgang in Linum mit zwei Bekannten verabredet. Das bedeutete, dass wir um 3:30 in der Frühe aufstehen mussten. Und so quälten wir uns aus dem Bett, packten und setzten uns ins Auto. Die Fahrt über die absolut menschenleeren Straßen Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs verliefen ereignislos. Immer wieder konnte ich sehen, dass die Nacht sternenklar war. Als es dann nahe des Ziels anfing zu dämmern, wusste ich, dass das ein besonderer Tag werden würde.
Wir wurden am Parkplatz von unseren Bekannten empfangen. Das Licht war jetzt schon super und die Stimmung trotz der Müdigkeit sehr gelöst. Die vielen Vogelstimmen – ich hätte nie gedacht, dass sich Gänse in Massen anhören, wie ein fahrender Zug – ließen die Müdigkeit dann komplett von mir abfallen. Aufgeregt erklommen wir einen Beobachtungsstand und schon ging das Spektakel los. Ketten über Ketten Kraniche zogen aus dem Übernachtungsplatz ab zu den Futterplätzen. Die Sonne ging langsam glühend am Horizont auf und färbte den Himmel orange; dazu das Trompeten der Vögel. Unbeschreiblich!
Nach einiger Zeit, als der größte Pulk abgezogen war, drehten wir eine Runde um die Teiche dort. In einem weiteren Unterstand fanden wir ein Hornissennest, aber man sah dort nicht mehr so viel. Dennoch ergaben sich auch unterwegs immer wieder Fotogelegenheiten und beeindruckende Beobachtungen.
Nachdem wir am Auto zurück waren, ging es zu den Futterplätzen. Erstaunlicherweise konnte man die Vögel sehr gut aus dem Auto beobachten. So kam man teilweise sogar noch näher als am Günzer See an die Kraniche heran.
Da ich langsam doch sehr hungrig wurde, wollte ich eine Bäckerei heimsuchen. Garnicht so einfach Sonntag morgens in Brandenburg. Aber mit etwas Glück fanden wir in Nauen eine Bäckerei bei einem Supermarkt mit überaus leckeren Teilchen.
Zum Ausklang des Morgens fuhren wir noch zum Strengsee. Auch hier ein Vogelparadies. Möglicherweise wäre es auch mal im Frühjahr interessant, hier nach Orchideen zu suchen. Hier war das Wetter und das Licht zwar nicht mehr so magisch, aber wir hatten dennoch eine schöne Zeit.
Nach ausgiebiger Verabschiedung ging es dann über Dortmund zurück nach Wiesbaden.
Vielen Dank an Aku und Joe für die Führung. Das war wirklich ein besonderer Tag für mich.
Eindrücke als Video: