4 Tage, 4 neue Arten, 3 Gipfel
Seit langem hatte ich das Ziel die Chamorchis zu finden. Drei Mal war ich schon daran gescheitert, diese Art gezielt anzulaufen.
Ursprünglich hatte ich dieses Jahr vor, die Art in Deutschland zu sehen, aber mein Orchideenspezi Manfred hatte die Idee, gemeinsam einen Ausflug nach Österreich, in die Karawanken zu unternehmen. Dort könne er mir Chamorchis und einige weitere Arten zeigen. Super Idee! Der 4. Anlauf hat nun also endlich geklappt.
Tag 1: Anreise
Um 6 Uhr ging mein Zug über Frankfurt nach Würzburg. Nachdem ich um 4 Uhr aufgestanden war, habe ich dann dennoch den Zug fast verpasst. Ich dachte in meinem Tran, der Bus geht erst um 6. Dabei fuhr da schon der Zug. Also musste ich zum Bus rennen, um noch rechtzeitig zum Bahnhof zu kommen. Hat schluss endlich aber geklappt. Der Zug hatte die obligatorischen 15 Minuten Verspätung, was aber super passte, weil Manfred im Stau stand. Gegen 9 holten wir dann das Mietauto bei AVIS ab (übrigens diesmal ein wirklich durchweg positiver Eindruck -da kann sich Hertz eine Scheibe abschneiden).
Nach einem eher erfolglosen Zwischenstop in der Oberpfalz und einem schier ewigen Stau bei Passau, kamen wir erst gegen 22:00 in Rückersdorf an. Manfred hatte da eine schöne und sehr günstige Unterkunft mit Blick auf den Hochobir besorgt. Wirklich top!
Mehr als einen ersten Eindruck von der fantastischen Bergwelt konnte ich aber nicht gewinnen.
Tag 2: Petzen / Knieps, Wildensteiner Wasserfall
Chamorchis alpina
Am zweiten Tag war die Petzen das Ziel. Die Petzen liegt im österreichisch-slowenischen Grenzgebiet. Hier wollten wir Nigritella lithopolitanica sehen. Schon auf dem Weg nach oben begeisterte uns der Blick in das Tal der Drau. Oben waren es dann die Weitsichten in die Karawanken.
Auf dem Sattel machten wir eine lange Pause. Die Ruhe dort oben war zum Genießen einzig das Summen der Schwebfliegen und ein paar Vögel waren zu hören. Dort hatten wir auch beinahe sofort Glück und fanden die gesuchten Steineralpen-Kohlröschen. Nach einiger Zeit rief mich Manfred, er hatte dort tatsächlich die winzige Chamorchis gefunden. Ich hatte mir den Wuchsort exponierter und karger vorgestellt. Alleine hätte ich die Pflanzen jedenfalls nie gefunden. Winzig ist noch ein Euphemismus – schön fotografieren fast unmöglich. So war die Zielart für mich am ersten Bergtag schon gefunden.
Nachdem wir die Pflanzen ausgiebig betrachtet hatten suchten wir noch nach frischeren Kohlröschen. Tatsächlich fanden wir auch noch gute Exemplare und bei der Suche gab es dann noch eine weitere Überraschung: Nigritella x petzenensis, die Hybride des Steineralpen-Kohlröschen mit dem schwarzen Kohlröschen, die nach genau diesem Bergmassiv benannt ist.
Um doch noch ein paar Fernblicke mehr zu erhaschen stiegen wir noch auf den Knieps (Koncnikov vrh), einem Gipfel des Petzenmassivs.
Spät Abends besuchten wir noch den Wildensteiner Wasserfall. Der Wasserfall erinnert stark an die Wasserfälle in der Columbia River Gorge. Vom Wasserfall führt ein Weg hoch zum Hochobir. Wir wollten dort noch ein Stück aufsteigen, aber der Weg war halsbrecherisch und das Wetter zu duster, also brachen wir unverrichteter Dinge ab.
Was für ein Tag!
Für mich neu: Nigritella lithopolitanica, Chamorchis alpina, Nigritella x petzenensis
Alt: Coeloglossum viride, Gymnadenia conopsea, Epipactis spec.
Tag 3: Hochobir
Nigritella lithopolitanica
Am dritten Tag fuhren wir zur Eisenkappler Hütte, um von dort zum Hochobir zu wandern. Der Hochobir ist ein bekannter österreichischer Blumenberg und man wird nicht enttäuscht. Schon auf der Fahrt nach oben war ich überrascht, wieviel Orchideen am Straßenrand wuchsen. Hier sahen wir dann auch einige Epipactis distans in Hochblüte. Für mich als Botaniklaie war es schwierig, sie von helleborine zu unterscheiden. Die Pflanzen sind am besten durch die Blütezeit zu identifizieren. Daneben sind die Blätter nach oben gerichtet und der Stengel recht kräftig. Sie waren erstaunlicherweise schon weiter als Epipactis atrorubens. Die sehr ähnliche E. helleborine war noch tief in Knospe. Die Abgrenzung trotzdem einigermaßen leicht, anders jedenfalls als bei Dactylorhiza fuchsii ssp. psychrophila, die wir oben fanden und die dem Eindruck nach eher eine Spielart ist. Naja… wenn es denn psychrophila war.
Von der Eisenkappler Hütte an säumen schöne Bergwälder und bunte Wiesen den Pfad zu den Matten in der Gipfelregion. Leicht außer Form fiel mir der Anstieg nicht leicht. Man wird oben aber mit einem atemberaubenden Panorama und wunderbaren Wiesen entschädigt.
Obwohl hier die Steineralpen-Kohlröschen noch früher als auf der Petzen blühen sollen, fanden wir an einem geschützten Ort noch etliche schöne Exemplare. Mitten im Habichtskraut, vergesellschaftet mit Gymnadenia, Pseudorchis und Dactylorhiza fuchsii stehen die kleinen Orchideen. Welch eine Pracht die dortigen Wiesen bereithalten. Auch hier gab es zur großen Überraschung wieder spektakuläre Hybriden zu sehen. Manfred fand sogar zwei Gattungshybriden zwischen Gymnadenia conopsea und Nigritella lithopolitanica (Gymnigritella turnowskyi).
Als wir weiter in Richtung Gipfel stiegen, fanden wir wieder Chamorchis. Diesmal mit teilweise recht großen Gruppen. Erstaunlich, wie man sich auf die winzigen Pflänzchen einschießen kann und sie erkennt, wenn man sie erstmal gesehen hat.
Spät abends versuchten wir dann von unten aus noch Widerbart zu finden, erreichten aber die vielversprechenden Stellen aus Zeitmangel nicht mehr. Es wäre wohl auch zu viel des Guten gewesen.
Für mich neu: Gymnigritella x turnowsky, Epipactis distans
Alt: D. fuchsii, G. conopsea, N. lithopolitanica, Chamorchis alpina, Pseudorchis albida, C. rubra, E. atrorubens, E. helleborine
Tag 4: Abreise, Lawinenstein
Muhkuh
Am vierten Tag ging es schon wieder zurück. Manfred hatte als Zwischenstop die Tauplitzalm ausgesucht. Das Wetter dort war bescheiden. Die Gipfel war in Wolken und es nieselte leicht – insgesamt war es auch etwas frisch. Dennoch rangen wir uns durch auf den Lawinenstein zu steigen. Der Traweng fiel wegen des Wetters und der Kürze der Zeit aus. Der Weg aufwärts ist recht unspektakulär und führt über Skipisten. Das trübe Wetter tat sein übriges. Und trotzdem gab es beim Aufstieg immer wieder schöne Momente. Ein Gamsbock beobachtete uns beim Aufstieg, auch gab es wieder viele Orchideen zu bewundern.
Weiter oben wurde das Wetter immer trüber und kälter. In der Gipfelregion wehte dann ein ordentlicher Wind und die Sicht war sehr schlecht. Wir orientierten uns an den Liftanlagen und gelangten so sicher an die Manfred bekannten Fundorte von Nigritella archiducis-joannis. Leider waren die Fotomöglichkeiten dort beschränkt und die Kohlröschen fast verblüht. So wurden es dann eher Belegbilder. Wir verweilten nur kurz und folgten dann den Liftanlagen wieder ins Tal. Innerhalb von etwa drei Stunden hakten wir also diesen Stop ab und kehrten ein. Nach einer Rinderbrühe zum Aufwärmen ging es dann weiter heimwärts.
Die Fahrt zurück verlief dann ereignislos. Nachdem ich Manfred in Würzburg abgesetzt hatte, fuhr ich weiter nach Wiesbaden und lief noch die Stunde von der Mietwagenstation nach Hause.
Für mich neu: Nigritella archiducis-joannis
Alt: Nigritella bicolor, Pseudorchis albida, Gymnadenia conopsea, Gymnadenia odoratissima, D. fuchsii
Das war ein wirklich ereignisreicher, spannender und schöner Kurzurlaub.
Wunderbares Österreich, verzauberst mich jedes Mal!
Danke auch dir, Manfred! Endlich Chamorchis! Nächstes Mal dann weiße Nigritella und Malaxis 😉